Posting von Friedbert im AudioAvid-Forum vom 2.4.03

Verehrtes Forum,

Ich möchte mir hier auch einmal erlauben, eine Klangbeschreibung der beiden von Michael Uibel gebauten Hathors abzuliefern. Ich war nämlich zusammen mit Michael etwa drei Stunden damit beschäftigt, die Klangunterschiede zu ergründen. Zu diesem Zweck haben wir etwa 30 verschiedene Titel angehört.

Vorausschicken möchte ich jedoch, daß sich die klanglichen Geschmäcker von Michael und mir unterscheiden. Er ist ein konsequenter Verfechter der Sub-Sat Kombination, ich bin eher der klassische Dreiwegerich. Ich lege furchtbar viel Wert auf Räumlichkeit und Tiefenstaffelung, Michael ist eher am bisherigen Klang seiner Hathor MK1 orientiert, die diese Tiefenstaffelung nicht aufweisen. Trotzem würde keiner von uns beiden behaupten, sein eigener Hörgeschmack sei besser oder schlechter als der des anderen.

Nun zu den Unterschieden:

Beide Hathors klingen ausgesprochen gut. Ich sträube mich etwas dagegen, sie als „sehr gut“ zu bezeichnen, weil ich auch Lautsprecher kenne, die mir noch besser gefallen. Aber diese Sorte spielt auch in einer ganz anderen Preisklasse. Also versteht bitte das Urteil „gut“ nicht als Abwertung der Hathors. Es sind beides sehr tolle Lautsprecher.

Die Unterschiede zwischen beiden Boxen sind jedoch absolut augenfällig, sobald man sie mit Musik füttert, die nicht für den aktuellen Dudel-Rundfunk abgemischt wurde. Ulla Meineckes „Die Tänzerin“ ist ein Paradestück zum Lautsprechertesten und wurde von uns deshalb mehrmals bemüht.

Auf den „alten“ Hathor MK1 scheint sich Ullas Stimme genau irgendwo auf einer Linie zwischen den Boxen zu befinden. Ein genauer Punkt ist jedoch nicht auszumachen. Sie singt „irgendwo“ zwischen der linken und rechten Box. Erst, wenn man die Hathor MK1 etwas zum Hörer hin anwinkelt, wandert Ullas Stimme genau in die Mitte. Allerdings ist sie nach wie vor auf gleicher Höhe wie die Lautsprecher.

Sobald man auf die neuen Hathor MK2 umschaltet, wandert Ullas Stimme deutlich wahrnehmbar in die Mitte und hinter die Lautsprecher und wird, zumindest für mich, eindeutig präziser. Es stellt sich tatsächlich der Eindruck ein, als singe ein Mensch im Zimmer. Und dieser Mensch hat einen Mund in der Größe eines menschlichen Mundes. Bei der alten Hathor MK1 klingt der Mund irgendwie, wie soll ich das jetzt ausdrücken, breiter. Er läßt sich nicht so präzise festnageln wie auf der neuen Hathor mit dem Vifa. Der Eindruck einer Raumtiefe ist auch mit allem anderen Musikmaterial deutlich vorhanden, mal stärker, mal weniger stark. Bei Hathor MK2 kann man die Lautsprecher als Quelle der Musik tatsächlich nicht mehr orten. Selbst, wenn man fast auf gleicher Höhe mit den Lautsprechern steht, singt Ulla definitiv hinter den Boxen, und die Boxen sind nicht zu orten.

Bei Hathor MK1 hatte ich manchmal, allerdings nicht immer, den Eindruck, eine Box steht links, eine Box steht rechts. Bei Hathor MK2 hat man diesen Eindruck nie. Die Boxen existieren einfach nicht mehr akustisch. Sie sind weg.

Ich würde allein aus diesem Grund die Hathor 2 mit dem Vifa-Hochtöner vorziehen. Interessanterweise ist aber bei meinem Lieblingsstück „Die Tänzerin“ die alte Hathor in einem Punkt eindeutig besser als Hathor 2. Während Ulla singt, schnippt sie mit den Fingern und im Hintergrund schlägt der Schlagzeuger ganz vorsichtig ein Becken. Das Sirren des Beckens kommt mit dem No-Ferro der Hathor1 eindeutig besser und authentischer als mit dem Vifa der Hathor2. Mit Hathor 2 ist das Becken nur vernehmbar, wenn man weiß, daß es da ist; ansonsten würde man es „überhören“. Bei Hathor 1 und No-Ferro bringt das Becken exakt die (vermutlich) gewünschte Stimmung und zieht die Aufmerksamkeit des Hörers auf sich.

Zusammengefaßt: die Hathor 1 mit dem SEAS No-Ferro klingt einen Hauch brillanter und hat wohl ein klein wenig mehr Dampf oben rum. Es sind aber wirklich nur Nuancen. Dafur ist kaum Raumtiefe vorhanden. Es gab jedoch Musiktitel, die mir über die Hathor 1 besser gefielen als über Hathor 1. Hauptsächlich „modern“ abgemischte, pop-orientierte Musik.

Hathor 2 mit den Vifa klingt einen winzigen Hauch weniger spektakulär als Hathor 1. Dafür ändert sie aber den gesamten Höreindruck derart dramatisch in die Raumtiefe hinein, daß sich ein ganz eigenes Hörempfinden einstellt, das bei der Hathor 1 nicht vorhanden ist und bei dem sich die Frage, ob nun die Höhen ein klein wenig schwächer sind oder nicht, gar nicht mehr stellt. Für mich ist die MK2 dadurch perfekt für Musik, die zum intensiven Zuhören einlädt.

Hab´ ich´s gut erklärt?

Herzliche Grüße
Friedbert